143 Frauen verklagen Dänemark wegen Zwangsverhütung

Der Berg Polhems Fjeld ist am Samstag, den 21. Juli 2007, auf der Insel Ammassalik in Ostgrönland zu sehen. ©John Mcconnico/AP2007

In den 1960er und 1970er Jahren wurde auf Grönland indigenen Frauen gegen ihren Willen die Spirale zur Verhütung eingesetzt. Nun fordern 143 Frauen eine Entschädigung in Millionenhöhe vom dänischen Staat. Es war ein Vorhaben der damaligen dänischen Regierung, um die Bevölkerung der Insel zu kontrollieren. Viele der betroffenen Frauen konnten keine Kinder bekommen.

Die 143 Frauen werfen den dänischen Gesundheitsbehörden vor, ihre Menschenrechte verletzt zu haben, als sie ihnen die Spirale eingesetzt haben. Einige der Frauen, darunter auch einige Teenager, hatten dem Eingriff nicht zugestimmt. Nach Angaben des Anwalts, Mads Pramming, fordern die Frauen jeweils 40.000 Euro.

Das Ziel war angeblich, das Bevölkerungswachstum in Grönland durch die Verhinderung von Schwangerschaften zu begrenzen. Den dänischen Behörden zufolge wurden zwischen den 1960er und Mitte der 1970er Jahre bis zu 4.500 Frauen und Mädchen eine Spirale eingesetzt.

"Wir können nicht länger warten"

Vor einem Jahr haben die Frauen während eines Besuchs der dänischen Ministerpräsidentin Mette Frederiksen in Grönland protestiert. Da dies nicht zu einer Entschädigung führte, haben sie beschlossen, ihre Ansprüche vor den dänischen Gerichten geltend zu machen.

Im September 2022 leiteten die Regierungen von Dänemark und Grönland Untersuchungen ein. Das Ergebnis soll nächstes Jahr vorliegen. Pramming sagte, dass sie nicht bis dahin warten werden.

"Die Ältesten von uns sind über 80 Jahre alt, und deshalb können wir nicht länger warten", sagte Naja Lyberth, eine der Frauen, gegenüber dem öffentlich-rechtlichen grönländischen Rundfunk KNR. "Solange wir leben, wollen wir unsere Selbstachtung und den Respekt für unsere Gebärmutter zurückgewinnen."

Lyberth war 14 Jahre alt, als ihr eine Spirale eingesetzt wurde, und war eine der ersten, die darüber sprach.

Die dänische Regierung hat den Betroffenen eine psychologische Beratung angeboten.

Im vergangenen Jahr reichten 67 Frauen eine erste Klage gegen Dänemark wegen der Zwangsverhütung ein. "Der körperliche und seelische Schmerz, den sie erfahren haben, ist bis heute geblieben", sagte Gesundheitsminister Magnus Heunicke.

Dänemarks dunkle Vergangenheit

Im Jahr 2020 entschuldigte sich Ministerpräsidentin Mette Frederiksen bei 22 grönländischen Kindern, die 1951 im Rahmen eines gescheiterten sozialen Experiments zwangsweise nach Dänemark gebracht worden waren.

"Wir entschuldigen uns bei denen, um die wir uns hätten kümmern sollen, aber versagt haben", sagte Frederiksen und fügte hinzu, dass "die Kinder die Verbindung zu ihren Familien und ihrer Abstammung, ihrer Lebensgeschichte, zu Grönland und damit zu ihrem eigenen Volk verloren haben".

Grönland, das zum dänischen Königreich gehört, war bis 1953 eine Kolonie unter der dänischen Krone und wurde dann zu einer Provinz des skandinavischen Landes.

Im Jahr 1979 erhielt die Insel die Selbstverwaltung, und 30 Jahre später wurde Grönland ein selbstverwaltetes Land. Dänemark behält jedoch die Kontrolle über seine Außen- und Verteidigungspolitik. Im Jahr 1992 übernahm Grönland von Kopenhagen die Kontrolle über sein Gesundheitswesen.

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