Kalkül oder Glück? Wie Pedro Sanchez in Spanien von 5 Tagen Auszeit profitiert

Sanchez bleibt - und profitiert von der Bedenkzeit ©Bernat Armangue/Copyright 2024 The AP. All rights reserved.

Nach fünf Tagen des Wartens hat Pedro Sanchez in Spanien seine Entscheidung bekannt gegeben. Auf den Stufen des Regierungssitzes der Moncloa sagte der Ministerpräsident, er habe sich entschieden weiterzumachen und mit noch mehr Kraft zu regieren.

Nach einer Welle der Solidarität war mit dieser Entscheidung gerechnet worden, das erklärt der Politikexperte Diego Bayón von Harmon Consulting. Er sagt: "Das war tatsächlich zu erwarten. Es gab für ihn, seine Partei oder seine parlamentarischen Partner wenig Anreiz, jetzt zurückzutreten, abgesehen von der persönlichen Frage.

Sanchez hatte nach den Vorwürfen von Korruption und Vetternwirtschaft gegen seine Ehefrau Begoña Gómez eine Bedenkzeit eingelegt. Aber war diese Auszeit wirklich notwendig - zumal er doch weitermacht?

"Wir hatten alle erwartet, dass Sanchez die Vertrauensfrage stellen würde"

Dazu meint Diego Bayón: "Ich glaube, wir haben alle erwartet, dass er, wenn er sich entschließen würde, weiterzumachen, die Vertrauensfrage stellen würde, um seine parlamentarische Unterstützung zu stärken, oder eine Reihe von Maßnahmen zur demokratischen Erneuerung ankündigen würde, die der Situation, die er selbst anprangert, ein Ende setzen könnten."

Sanchez hat den Fokus umgelenkt - weg von den Ermittlungen

Vor allem ist es Sanchez gelungen, seine Anhängerschaft vor der Europawahl zu mobilisieren.

Diego Bayón erklärt, dass der Sozialist es geschafft hat, "den Fokus der Aufmerksamkeit zu ändern. Es wird nicht mehr so viel über die laufenden gerichtlichen Ermittlungen geredet, die sowohl seine Partei als auch seine Frau betreffen, und zusätzlich zur Änderung des Fokus ermöglicht es ihm, mit dieser Logik der zwei Blöcke und der Notwendigkeit, die Rechtsextremen zu stoppen und eine Mauer gegen die Volkspartei und Vox zu errichten, seine Wählerschaft im Hinblick auf die nächsten Wahlen zu vereinen."

Euronews-Korrespondent Jaime Velázquez fasst die politische Lage in Spanien zusammen: "Es bleibt abzuwarten, ob der Richter die Ermittlungen im Zusammenhang mit der mutmasslichen Korruption der Ehefrau des Ministerpräsidenten fortsetzen wird oder ob sie, wie die meisten Experten vermuten, letztendlich eingestellt werden. Aber ob absichtlich oder nicht, die Rücktrittsdrohung von Pedro Sánchez hat seine Gegner verunsichert und die Umfragen auf den Kopf gestellt. Nach Angaben des CIS, des spanischen Nationalen Demoskopischen Zentrum liegt die PSOE nach der Ankündigung von Sánchez, eine Pause einzulegen, in der Wählergunst nun zehn Punkte vor der Volkspartei, der Partido Popular."

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