Was nun, EU? Protestierende Landwirte in der Regierung der Niederlande

Die niederländische Bauern- und Bürgerbewegung BoerBurgerBeweging (BBB) ist die erste gegen EU-Regeln protestierende Bauernpartei, die an einer europäischen Regierung beteiligt ist. Am Donnerstag (16. Mai) hatte sich BBB mit drei anderen Parteien auf die Bildung einer rechtsgerichteten Regierung geeinigt hat.

In einer Erklärung sagte die Vorsitzende Caroline Van der Plas, dass die Partei eine "wichtige Rolle" beim Zustandekommen der Koalitionsvereinbarung gespielt habe.

Die BoerBurgerBeweging wurde beim Protest der Landwirte 2019 gegen die Pläne der damaligen Regierung zur radikalen Einschränkung der Emissionen aus der Landwirtschaft ins Leben gerufen.

Die neue Regierung wird wohl einen Kurswechsel in der Landwirtschaftspolitik der Niederlande nach sich ziehen, der sich auch auf die EU auswirken könnte.

Wertschätzung der Landwirte

"Unsere Landwirte, Gärtner und Fischer sollten wertgeschätzt werden, denn sie sind wichtig für unsere Lebensmittelversorgung und die niederländische Kulturlandschaft und ein untrennbarer Teil unserer niederländischen Kultur", heißt es in der 26-seitigen Koalitionsvereinbarung.

Der Text beschreibt die künftigen Maßnahmen der Regierung im Bereich der Landwirtschaft und stellt die Landwirte an die Spitze der Politik, die sich durch regelmäßige Konsultationen mit den landwirtschaftlichen Organisationen an der Praxis orientieren soll.

"Die europäischen Richtlinien sollen so angepasst werden, dass sie praktikabel sind und das Einkommensmodell unterstützen", heißt es im Manifest, während sich die Regierung verpflichtet, keine nationalen Maßnahmen vorzuschlagen, die über die bestehenden EU-Standards hinausgehen.

Das derzeitige Ministerium für Landwirtschaft, Natur und Lebensmittelqualität wird in Ministerium für Landwirtschaft, Fischerei, Lebensmittelsicherheit und Natur umbenannt, was das erneute Interesse am Konzept der Lebensmittelsicherheit bei den rechtsgerichteten Parteien in ganz Europa widerspiegelt.

Tierbestand nicht reduzieren

Die größte Veränderung wird es in der Stickstoffpolitik des Landes geben: ein zentrales Kampffeld für die niederländischen Landwirte.

Stickstoffemissionen sind eine große Quelle der Umweltverschmutzung in den Niederlanden, wo gefährliche Stickstoffverbindungen wie Ammoniak und Stickstoffdioxide vor allem durch Tiere und Düngemittel in die Luft abgegeben werden.

Frühere Beschlüsse zur Bekämpfung der Stickstoffverschmutzung sahen drastische Einschnitte in der Viehwirtschaft vor, um die Emissionen bis 2030 zu halbieren. "Es gibt - anders als in den letzten Jahren - kein Ziel, den Tierbestand zu reduzieren, und es wird keine Zwangsenteignungen geben", so Van der Plas vom BBB.

Man werde alle Anstrengungen unternehmen, um im Einvernehmen mit der EU zu besseren und praktikableren Standards zu gelangen, heißt es in der Koalitionsvereinbarung, wobei in der Zwischenzeit Notmaßnahmen zur Lösung der aktuellen Krise erwogen werden.

Insbesondere wird die Zentralregierung die Federführung bei der Zulassung der Gülleverarbeitung übernehmen - allerdings in Zusammenarbeit mit den Provinzen und Gemeinden.

Das Manifest wirbt für eine stärkere Zusammenarbeit zwischen Ackerbauern und Viehzüchtern, um eine effizientere Ausbringung von Gülle auf Ackerland zu gewährleisten.

Die Regierungsparteien wollen auch den Zugang zu Land für junge Landwirte fördern, damit sie neue Betriebe gründen oder bestehende übernehmen können.

Die Entwicklung neuer Einkommensmodelle in der Lebensmittelkette unter Einbeziehung von Industrie und Banken, die Wiedereinführung des roten Diesels und die Fortsetzung der Verbrauchssteuersenkung auf Kraftstoffe im nächsten Jahr sind weitere Verpflichtungen, die im Koalitionsvertrag aufgeführt sind.

Auswirkungen auf die EU-Politik

Der neue Ansatz der niederländischen Regierung könnte sich sowohl auf die Nitratrichtlinie als auch auf den EU-Rahmen für Schutzgebiete (Natura 2000) auswirken.

Einerseits behaupten die Regierungsparteien, dass sie die Stickstoff- und Phosphatnormen für Oberflächengewässer mit denen von Nachbarländern wie Belgien und Deutschland in Einklang bringen werden, um nährstoffverschmutzte Gebiete zu reduzieren.

Andererseits werden die Niederlande ihre Ausweisung von gefährdeten Gebieten im Rahmen von Natura 2000 überarbeiten, die derzeit von den Mitgliedstaaten überprüft wird.

Die bisherige nationale Politik sah vor, das gesamte Land als "gefährdet" einzustufen. "Die Niederlande werden in Brüssel demonstrieren, dass bestimmte Gebiete nicht mehr gefährdet sind; dies kann sofort geschehen", heißt es in der Koalitionsvereinbarung.

Die Position der neuen Regierung scheint jedoch derjenigen der Kommission in Bezug auf die im Dezember vergangenen Jahres vorgeschlagenen neuen Vorschriften für den Transport lebender Tiere zu ähneln.

"Der Transport von Tieren über große Entfernungen sollte beendet werden, wenn er nicht gemäß den geltenden europäischen Tierschutzvorschriften durchgeführt werden kann", heißt es im Text der Vereinbarung zwischen den Regierungsparteien.

Im Bereich des Handels wird die neue niederländische Regierung darauf hinarbeiten, die Einfuhr von Produkten zu verbieten, die nicht in den Niederlanden hergestellt werden dürfen, um beim Abschluss internationaler Handelsabkommen gleiche Bedingungen zu gewährleisten.

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