Antrag des IStGH-Chefanklägers auf Haftbefehle löst weltweite Reaktion aus

Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu spricht am Montag, 13. Mai 2024, bei einer Zeremonie zum Gedenken an die gefallenen Soldaten der israelischen Kriege. ©AP

Nach der Entscheidung des Chefanklägers des Internationalen Strafgerichtshofs, Haftbefehle gegen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und drei Hamas-Führer zu beantragen, haben sich führende Politiker aus aller Welt zu diesem Schritt geäußert.

Netanjahu und Gallant sollen unter anderem dafür verantwortlich gemacht werden, dass sie Hunger als Kriegstaktik gegen Zivilisten einsetzen sowie für willkürliche Tötungen und gezielte Angriffe auf Zivilisten, so der Chefankläger der Internationalen Strafgerichtshofs Karim Khan. Die Hamas-Führer Yehya Sinwar, Mohammed Deif und Ismail Haniyeh werden ebenfalls wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt.

In einer Erklärung stellte sich US-Präsident Joe Biden hinter den israelischen Staatschef und sagte: "Lassen Sie es mich klar sagen: Was auch immer dieser Staatsanwalt andeuten mag, es gibt keine Gleichwertigkeit - keine - zwischen Israel und der Hamas."

Der US-Außenminister Antony Blinken erklärte, die USA lehnten die Entscheidung "grundsätzlich" ab. "Wir weisen die Gleichsetzung Israels mit der Hamas durch den Staatsanwalt zurück", hieß es in der Erklärung. "Es ist beschämend."

Über seinen X-Account veröffentlichte Netanjahu ein Video, in dem er den Vergleich des Staatsanwalts zwischen seiner Regierung und der Hamas "mit Abscheu" zurückweist.

"Mit welcher Dreistigkeit vergleichen Sie die Hamas, die unsere Brüder und Schwestern ermordet, verbrannt, abgeschlachtet, enthauptet, vergewaltigt und entführt hat, mit den IDF-Soldaten, die einen gerechten Krieg führen", sagte Netanjahu.

Andere israelische Beamte wie der israelische Staatspräsident Isaac Herzog und der israelische Außenminister Israel Katz verurteilten das, was sie "einen Vergleich zwischen ihrer eigenen Regierung und der Hamas" nennen.

"Jeder Versuch, Parallelen zwischen diesen grausamen Terroristen und einer demokratisch gewählten israelischen Regierung zu ziehen, die ihre Pflicht zur Verteidigung und zum Schutz ihrer Bürger in voller Übereinstimmung mit den Grundsätzen des Völkerrechts erfüllt, ist empörend und kann von niemandem akzeptiert werden", sagte Herzog.

Auch die Hamas verurteilte das Vorgehen des IStGH-Anklägers und erklärte, der Antrag auf Verhaftung ihrer Führer setze "das Opfer mit dem Henker gleich".

"Die Hamas verurteilt aufs Schärfste die Versuche des Anklägers des Internationalen Strafgerichtshofs, das Opfer mit dem Henker gleichzusetzen, indem er Haftbefehle gegen eine Reihe von palästinensischen Widerstandsführern ausstellt", erklärte die Hamas.

Der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer sagte, er respektiere zwar die Unabhängigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs, aber es sei "nicht nachvollziehbar", dass die Führer der Hamas mit den "demokratisch gewählten Vertretern" Israels gleichgesetzt würden.

Ein Sprecher des britischen Premierministers Rishi Sunak sagte: "Diese Aktion ist nicht hilfreich, wenn es darum geht, eine Feuerpause in den Kämpfen zu erreichen, Geiseln zu befreien oder humanitäre Hilfe zu verstärken."

"Das Vereinigte Königreich erkennt, wie andere Länder auch, Palästina noch nicht als Staat an, und Israel ist kein Vertragsstaat des Römischen Statuts."

Südafrika und Irland begrüßen Haftbefehle

Irlands Außen- und Verteidigungsminister Micheál Martin verteidigte den IStGH und verurteilte die Drohungen gegen das Gericht.

Auch Südafrika begrüßte die Nachricht und unterstützte den Chefankläger.

"Das Gesetz muss auf alle gleichermaßen angewandt werden, um die internationale Rechtsstaatlichkeit aufrechtzuerhalten, die Verantwortlichkeit für diejenigen zu gewährleisten, die abscheuliche Verbrechen begehen, und die Rechte der Opfer zu schützen", hieß es in einer Erklärung des Büros von Präsident Cyril Ramaphosa.

Reaktionen der Hamas

Nach Angaben der Tagesschau kritisierte die Hamas den Haftbefehl gegen ihre Anführer. "Seine Entscheidung vergleicht das Opfer mit einem Henker und ermutigt die (israelische) Besatzung, den genozidalen Krieg fortzusetzen", hieß es in einer Stellungnahme, die von dem Hamas-nahen TV-Sender Al-Aksa verbreitet wurde, so die Tagesschau.

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